Beziehungsratgeber für Geschirrspüler und deren Nutzer
Interview mit dem Haushaltstechnik-Professor Rainer Stamminger
Warum brauche ich Mikroorganismen in meinem Geschirrspüler und was hat das ECO-Waschprogramm mit einer Autofahrt von Graz nach Wien zu tun? Diese und andere Fragen haben wir dem studierten Physiker Prof. Dr. Rainer Stamminger vom Institut für Haushaltstechnik an der Universität Bonn gestellt.
Bewusst haushalten: Herr Dr. Stamminger, bitte erklären Sie uns, womit Sie sich als Professor im Bereich Haushalts- und Verfahrenstechnik beschäftigen.
Stamminger: Unser Team untersucht sowohl Haushaltsgeräte wie etwa Geschirrspüler und deren Wirkung, als auch den manuellen Prozesse, in diesem Fall also das Geschirrspülen von Hand. Wir entwickeln neue Testverfahren und arbeiten eng mit den Verbrauchern zusammen. Die Erkenntnisse dienen den Herstellern, ihre Produkte zu verbessern und weiterzuentwickeln.
Bewusst haushalten: Haben Sie ein Beispiel?
Stamminger: Eines der großen Missverständnisse betrifft die Energiesparprogramme. Diese funktionieren so: durch längere Laufzeit wird das Geschirr bei niedriger Temperatur gereinigt. Denkt der Verbraucher aber ans Energiesparen, assoziiert er es mit kurzer Laufzeit. Großes Missverständnis. Der Verbraucher meint, dass eine längere Laufzeit mehr Energie brauchen würde. Der Energieverbrauch für das Betreiben der Pumpen ist aber im Verhältnis viel geringer, als das Wasser höher zu erhitzen. Die Reinigungsleistung ist auch bei geringerer Temperatur und langer Laufzeit sehr gut, denn der wesentliche Teil der Reinigung wird von den im Reiniger enthaltenen Enzymen erledigt. Und die brauchen Zeit um zu wirken. Lassen Sie es mich so erklären: Wenn Sie von Graz nach Wien fahren und besonders schnell da sein wollen, brauchen Sie viel Sprit. Wenn Sie langsamer fahren brauchen Sie weniger Sprit, kommen aber auch ans Ziel. Dasselbe gilt für Reinigungsprogramme mit Enzymen. Energiesparprogramme können bis zu 50% der Energie eines normalen Programms sparen. Wer Energie sparen will, sollte sie unbedingt verwenden und nicht versuchen, diese noch zu verkürzen. Denn dann sind es keine Energiesparprogramme mehr.
Bewusst haushalten: Was hat es mit diesen Enzymen auf sich? Was passiert während des Geschirrspülens?
Stamminger: Enzyme sind kleine Mikroorganismen, die als Katalysator wirken. D.h. sie helfen die Stärke und das Eiweiß abzubauen. Das sind hochkomplexe organische Moleküle. Um diese vom Geschirr zu bekommen, muss man sie zerstückeln. Enzyme zerschneiden das Eiweiß und auch die Stärke quasi in Stücke die sich leichter abtragen lassen. Erst wenn das Enzym ein Molekül abgebaut hat, „wandert“ es zum Nächsten. Deshalb braucht es Zeit.
Bewusst haushalten: Und wo finde ich diese Enzyme?
Stamminger: Diese Enzyme sind in modernen Spülmitteln enthalten – gering dosiert, da sehr teuer. Für Stärke setzen wir Amylasen und für Eiweiße Proteasen ein.
Bewusst haushalten: Und wie kommt es trotz dieser modernen Geräte und Spülmittel zu Problemen wie schlecht gereinigten Gläsern oder üblen Gerüchen?
Stamminger: Das „Herz“ des Geschirrspülers ist das Siebsystem. Dieses filtert den abgelösten Schmutz heraus und das gefilterte Wasser wird wieder auf das Geschirr zurückgespült. Viele Verbraucher wissen nicht, dass sie eines haben und dass das gereinigt werden muss – das ist im Boden des Geschirrspülbehälters untergebracht. Dieses Sieb kann man losschrauben, rausnehmen und unter fließendem Wasser reinigen. Es reicht etwa alle Viertel-Jahre, wenn man ein normales Spülverhalten hat. Wenn man schon Probleme erkennt, dann sollte das das Erste sein, was man tut.
Bewusst haushalten: Muss ich ein modernes Gerät vollfüllen, um nachhaltig zu waschen?
Stamminger: Es gibt zwar Sensoren die die Wassermenge anpassen, aber es ist dennoch immer ökonomischer und ökologischer, wenn ich die volle Kapazität nutze. Die Maschine ist darauf ausgelegt, die volle Ladung durchzuwaschen. Kurzprogramme sind nur dafür da, ganz schnell leichtere Verschmutzungen zu lösen.
Bewusst haushalten: Stimmt es, dass ich nicht nur das ECO-Programm verwenden soll, sondern auch das Intensiv-Programm, wenn ich lange mit meinem Geschirrspüler eine Freude haben möchte?
Stamminger: Ja, einmal im Monat sollten Sie heiß waschen. Kritisch wird es, wenn sie immer nur Niedrigprogramme verwenden, weil es viele Fette gibt, die sich erst bei höheren Temperaturen auflösen und sich an kühleren Stellen ablagern können.
Bewusst haushalten: Herr Dr Stamminger, Sie beschäftigen sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Entwickeln und Testen von Haushaltsgeräten wie Geschirrspülern oder Waschmaschinen. Wie kam es dazu?
Stamminger: Damals, 1985, wurden in den Hausgeräten noch sehr wenige elektronische Komponenten eingesetzt. Durch meine Ausbildung als Physiker wusste ich aber, dass es ein großes Potential gibt, durch Sensoren etc. diese Geräte zu verbessern. Das hat mich gereizt.
Bewusst haushalten: Kann man jetzt, mehr als 30 Jahre später überhaupt noch etwas an den Geräten optimieren?
Stamminger: Da kann man sicherlich noch was nachoptimieren. Es wäre ein Armutszeugnis für mich als Physiker, wenn ich sagen würde, es gibt nichts zu verbessern. Außerdem gibt es immer noch neue Entwicklungen und interessante Anwendungen, die man nicht vorhersehen kann. Man denkt auch in Richtung eines Service-Roboters, der ein- und ausräumt und verstaut. Wobei Letzteres schneller realisierbar ist. So etwas wird sicherlich auch schon untersucht, aber es geht auch einfacher: automatische Dosierung von Reinigern, die auf die lokale Wasserhärte und den Verschmutzungsgrad des Geschirrs eingeht.